Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts

Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts

  • Projektträger Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts / The Dresden Paper Project

Als eines der traditionsreichsten und umfänglichsten Spezialmuseen für Kunst auf Papier besitzt das Dresdner Kupferstich-Kabinett eine Sammlung italienischer Altmeisterzeichnungen von internationalem Rang. Nicht zuletzt sind Arbeiten der Hoch- und Spätrenaissance in großer Fülle vorhanden. An italienischer Zeichenkunst dieser Epoche, die in etwa das 16. Jahrhundert umfasst, besitzt das Kabinett über 600 Einzelblätter sowie sechs gebundene Alben mit über 600 Darstellungen. Darunter sind einerseits hochberühmte Blätter und andererseits eine Vielzahl qualitätvoller Arbeiten, die der Forschung und erst recht einem breiteren Publikum bisher weitgehend unbekannt geblieben sind.

Das 2017 aufgenommene Projekt (siehe dazu auch hier) dient der Erforschung und Katalogisierung dieser bedeutenden Bestandsgruppe. Inhaltlich schließt es an die 2006 und 2014 vorgelegten Bestandskataloge der italienischen Zeichnungen des 15. Jahrhundert an, in denen einige hier relevante Künstler mit Frühwerken vertreten sind. In methodischer Hinsicht liegt angesichts der Fülle und Diversität des Materials besonderes Augenmerk auf dem Dialog mit internationalen Fachkolleg*innen. Seit 2018 wird das Projekt von der Getty Foundation im Rahmen der Initiative »The Paper Project: Prints and Drawings Curatorship in the 21st Century« großzügig gefördert.

 

Katalogisierung im Dialog

Bereits während der Erschließung und Erforschung des Bestands setzen wir auf die digitale Publikation der Zeichnungen in der Online Collection der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Fast alle relevanten Blätter sind inzwischen online recherchierbar, in vielen Fällen inklusive eines kurzen Kommentars, der den Sachstand zusammenfasst. Die Daten verändern sich dynamisch mit dem Arbeitsfortschritt. Bewusst werden dabei auch Blätter veröffentlicht, zu denen noch Forschungsbedarf besteht, ebenso Werke aus dem frühen 17. Jahrhundert.

Eine spezielle, von der Wissenschaftlichen Hilfskraft des Projekts Heidi Lachmann gestaltete und von Martin Zavesky programmierte Website bündelt die Einträge der Online Collection in kleinere Einheiten und lädt dadurch zum Stöbern ein. Neben Regionalschulen und Kunstzentren werden auch verschiedene Themengebiete angeboten. Weitere Werkgruppen sollen im Projektverlauf folgen.

Hinweise zu den Werken in der Online Collection – z. B. per Email oder über die Kommentar-Funktion am Ende jedes Eintrags – sind jederzeit willkommen.

Die im Dialog mit Projektbeteiligten und anderen Fachkolleg*innen ergänzten Daten, Ergebnisse, Hinweise und Überlegungen zu den Zeichnungen in Dresden werden laufend in der museumseigenen Objektdatenbank dokumentiert und der Forschung auf Anfrage zugänglich gemacht. Dabei wird ein besonderes Format des digitalen Forschungsdiskurses erprobt, indem Teilnehmer*innen über die frei im Netz verfügbaren Daten hinaus passwortgeschützt Zugang zu einem regelmäßig aktualisierten Arbeitsstand der Katalogisierung erhalten und eingeladen sind, diesen zu kommentieren.

 

Erste Projektphase

Ausstellung

Eine Auswahl von rund 100 Blättern wurde 2018 im Rahmen der von Gudula Metze und Marion Heisterberg kuratierten Ausstellung »Im Reich der Möglichkeiten – Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts« der Öffentlichkeit präsentiert, darunter zahlreiche unpublizierte Werke und manche Neuentdeckung.

Der gewählte Titel »Im Reich der Möglichkeiten« spielte auf die zentrale Rolle der Zeichnung bei der Entwicklung von Bildideen ebenso an wie auf die Freiheiten, die das Medium als eigenständige Kunstform bietet. Ebenso sollte der nie ganz abzuschließende Prozess der Zuschreibung und inhaltlich-funktionalen Einordnung von Altmeisterzeichnungen für das Publikum transparent werden. Da diese Bewertungen wie die Zeichnungen selbst immer durch ihren zeitlichen Kontext geprägt sind, galt ein Schwerpunkt der Präsentation auch der über vier Jahrhunderte umspannenden Erwerbungs- und Sammlungsgeschichte.

Einen ergänzenden Überblick über die Sammlung und deren Erwerbungsgeschichte bietet ein anlässlich der Ausstellung veröffentlichtes Leporello, das dankenswerterweise durch die Wolfgang Ratjen Stiftung ermöglicht wurde.

Workshop und »Traveling Seminars«

Die Ausstellung bot den Rahmen für einen internationalen Workshop. Erfahrene Fachkolleg*innen kamen dabei mit Nachwuchskurator*innen zusammen, um die Dresdner Zeichnungen des Cinquecento wie auch aktuelle Fragen des Kuratierens und des Katalogisierens komplexer Bestände im digitalen Zeitalter zu erörtern. Der Workshop wurde anteilig von der Wolfgang Ratjen Stiftung und durch das Förderprogramm »The Paper Project: Prints and Drawings Curatorship in the 21st Century« der Getty Foundation finanziert.

Im Rahmen dieser Initiative unterstützte die Getty Foundation die Gruppe der Nachwuchskurator*innen zusätzlich in Form zweier »Traveling Seminars«, wovon das erste im Anschluss an den Workshop nach Leipzig, Berlin und Budapest führte. Im Juni 2019 folgte eine Reise nach Frankfurt am Main, um die dortige bedeutende Sammlung italienischer Zeichnungen zu studieren. Sammlungsbesuche in Düsseldorf, Darmstadt und Stuttgart ergänzten das Programm. Entsprechend bot auch das zweite »Traveling Seminar« beste Bedingungen, um Fragen der Kennerschaft und der kuratorischen Praxis vertiefend und aus verschiedenen Blickwinkeln zu diskutieren.

Museumsstipendium an der Bibliotheca Hertziana in Rom

Eine wesentliche Unterstützung bei der wissenschaftlichen Bearbeitung der Blätter sowie bei der Vorbereitung der zweiten Projektphase war ein dreimonatiges »Museumsstipendium« an der Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom. Das Stipendium ermöglichte es Marion Heisterberg, die hervorragende Forschungsinfrastruktur dieser Institution zu nutzen und gleichzeitig die Diskussion zu den Dresdner Blättern mit Forscherkolleg*innen vor Ort zu vertiefen (01.07.–30.09.2019).

Team

Geleitet wurde das Programm durch die Direktorin des Dresdner Kupferstich-Kabinetts, Stephanie Buck, gemeinsam mit Gudula Metze und Chris Fischer als Senior Mentor (Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Center for Advanced Studies in Master Drawings) sowie, als Academic Advisor, Heiko Damm (Mainz, Johannes Gutenberg Universität).

Als Projektkoordinatorin des Kolloquiums sowie des ersten Traveling Seminars wirkte außerdem Marion Heisterberg maßgeblich an der Konzeption und Durchführung mit (01.06.–31.12.2018). Das zweite Traveling Seminar profitierte erheblich von der inhaltlichen wie organisatorischen Mitarbeit von Christoph Orth, der als Wissenschaftlicher Volontär zum Projekt-Team stieß (01.04.–30.11.2019).

Laufzeit

Februar 2018 – Dezember 2019

 

Zweite Projektphase

Aufbauend auf den Erfahrungen der ersten Projektphase steht nun die Katalogisierung der italienischen Zeichnungen des 16. Jahrhunderts im Fokus. Dabei sollen kunsthistorische Ansätze einschließlich der Provenienz- und Sammlungsgeschichte ebenso zum Tragen kommen wie kunsttechnologische Forschungen zur Materialität der Zeichnungen.

Dank einer erneuten Förderung durch die Getty Foundation im Rahmen der Initiative »The Paper Project: Prints and Drawings Curatorship in the 21st Century« ist es möglich, auf dem Fundament eines breiten wissenschaftlichen Austauschs aufzubauen und Kolleg*innen verschiedener Fachrichtungen in die Katalogisierungsarbeit wie auch in die methodische Diskussion einzubeziehen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Frage, welche Form der zukünftige Katalog erhalten soll.

Erschließung des Bestands

Als unverzichtbare Grundlage stand am Anfang der zweiten Projektphase die systematische Erschließung der Objekte und der greifbaren Informationen. Als Predoctoral Fellow füllte Lisa Jordan die großen Lücken in der Dokumentation und ergänzte den Wissensstand zu den einzelnen Blättern in der Museumsdatenbank »Daphne«.

Neue Erkenntnisse verdanken sich nicht zuletzt der engen Zusammenarbeit mit Johanna Ziegler und Olaf Simon aus der Restaurierungsabteilung des Kupferstich-Kabinetts, wo die Zeichnungen untersucht und bei Bedarf konservatorisch bearbeitet werden. Bei der naturwissenschaftlichen Analyse ausgewählter Blätter wurde das Team außerdem von Carsten Wintermann und Uwe Golle von der Klassik Stiftung Weimar kollegial unterstützt.

Workshop

Als ein zentrales Ereignis der zweiten Projektphase fand im März 2021 ein internationaler Workshop statt, der wegen der Covid19-Pandemie online abgehalten wurde. Die dreitägige Veranstaltung, die Christoph Orth als Postdoctoral Fellow maßgeblich mit vorbereitet hat, besaß eine Doppelfunktion: besprochen wurden konkrete Herausforderungen im Umgang mit dem Dresdner Bestand italienischer Cinquecento-Zeichnungen und ebenso grundlegende Fragen des Katalogisierens im digitalen Zeitalter.

Kolleg*innen aus verschiedenen Institutionen und Karrierestufen haben dazu ihre Erfahrungen geteilt. Auf unserer Gästeliste standen auch die Teams derjenigen Katalogisierungsprojekte, die ebenso über die Initiative des Paper Project der Getty Foundation gefördert werden (Programm, Speakers & Topics). Ein ausführlicherer Bericht über die Tagung ist in Arbeit.

Studiolo

Um den Austausch zu fördern wurde außerdem unter dem Titel »Studiolo« eine Serie informeller virtueller Treffen zu einzelnen Werkgruppen und Zuschreibungsfragen ins Leben gerufen. Den Anfang machten zwei Diskussionsrunden zu besonders umstrittenen oder aber bisher gänzlich unbeachteten und schwer einzuordnenden Blättern (Werke zu »Studiolo I« im Juni 2021, Werke zu »Studiolo II« im September 2021).

Short Term Visiting Fellows

Das zweite »Studiolo« fand anlässlich des Besuchs der vier sogenannten Short Term Visiting Fellows am Dresdner Kupferstich-Kabinett statt. Dabei wurden ausgewählte Werkgruppen besprochen und gemeinsam mit dem Mentor Chris Fischer mögliche Ansätze zur Einordnung erwogen. Die vier Kolleginnen (Alessandra Nardi, Florenz; Annkatrin Kaul, Mainz; Elena Rame, Novara; Anita V. Sganzerla, London) begleiten das Projekt mit ihrer Expertise. Sie werden sich auch – zusammen mit weiteren internationalen Zeichnungsforscher*innen – an der Katalogisierung beteiligen.

Katalog

Der entstehende Katalog soll digital in Form frei zugänglicher PDF-Dokumente erscheinen. Er gliedert sich nach Regionalschulen und damit nach einem traditionsreichen Konzept, das sich trotz aller methodischen Herausforderungen als nützliche Arbeitsgrundlage erwiesen hat. Die Publikation des digitalen Katalogs ist für 2023/24 geplant. Im Nachgang des Projekts ist ein gedruckter Katalog mit einer Auswahl des Bestands geplant.

Laufzeit

September 2019 - Dezember 2023

Projektleitung

Gudula Metze, Konservatorin für italienische, französische und spanische Zeichnungen und Druckgraphik bis 1800, Kupferstich-Kabinett

Direktorin Kupferstich-Kabinett

Stephanie Buck

Projektmitarbeiter*innen der SKD

Silvia Massa, Postdoctoral Fellow, Kupferstich-Kabinett (seit 01.06.2022)

Heidi Lachmann, Wissenschaftliche Hilfskraft, Kupferstich-Kabinett (seit 01.01.2020)

Lisa Jordan, Predoctoral Fellow, Kupferstich-Kabinett (01.03.–30.04.2021)

Christoph Orth, Postdoctoral Fellow, Kupferstich-Kabinett (01.09.2020–30.09.2021)

Olaf Simon, Papierrestaurator, Kupferstich-Kabinett

Johanna Ziegler, Papierrestauratorin, Kupferstich-Kabinett

Mentor

Chris Fischer, Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Center for Advanced Studies in Master Drawings

Partner

The Getty Foundation

Wolfgang Ratjen Stiftung, Vaduz

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