Settecento

Settecento

  • Projektträger Staatliche Kunstsammlungen Dresden
  • Abgeschlossen

Italienische Druckgraphik des 18. Jahrhunderts im Dresdener Kupferstich-Kabinett

“Il secolo del rame” – so wertete der Kunstschriftsteller Luigi Lanzi (1732–1810) in seiner erstmals 1795/96 publizierten italienischen Kunstgeschichte die eigene Epoche. Den Begriff wählte er bewusst doppeldeutig: Zum einen wird auf das mythische eherne Zeitalter angespielt, im Italienischen „età del rame“. Auf dieses Stadium nämlich sei das Kunstschaffen laut Lanzi nach dem Urteil einiger Kritiker abgesunken, da sie das malerische Genie früherer Epochen vermissten. Er aber, Lanzi, wollte den despektierlichen Ausdruck als Lob verstanden wissen: Dieses vermeintliche eherne Zeitalter sei vielmehr das große Jahrhundert des Kupfers.

Er meinte damit den enormen Bedeutungszuwachs der Druckgraphik innerhalb des 18. Jahrhunderts, wobei als Druckform in erster Linie Kupferplatten zum Einsatz kamen. Nicht allein waren nun gedruckte Reproduktionen von Gemälden, Skulpturen und Zeichnungen in großer Zahl verfügbar, was eine umfassende Beschäftigung mit der Kunstgeschichte überhaupt erst ermöglichte. Auch gegenüber der Druckgraphik selbst wuchs europaweit die Sammellust und Kennerschaft. Mit der Einrichtung von Spezialmuseen für Kunst auf Papier, wovon als eines der ersten 1720 das Dresdener Kupferstich-Kabinett entstanden ist, wurde diese Entwicklung zunehmend institutionalisiert. Zugleich stieg im „Jahrhundert des Kupfers“ die Bandbreite druckgraphischer Techniken. Innerhalb dieser Vielfalt dominierte die Radierung mit all ihren Spielarten, eine Technik, die in besonderem Maße die freie Linienführung begünstigte.

In Italien waren es vor allem Künstler wie Giovanni Battista Tiepolo, Antonio Canal und Giovanni Battista Piranesi, die in dieser Hinsicht neue Maßstäbe setzten. Tiepolos zwei Radierfolgen aus den 1740er Jahren, die „Scherzi di Fantasia“ und die „Vari Capricci“, zählen bis heute zu den berühmtesten Werken der Druckgraphik überhaupt, und immer noch fordern sie den Betrachter heraus, handelt es sich doch um scheinbar von leichter Hand hingeworfene „Grillen“, die noch jedem Deutungsversuch widerstanden haben. Die dunklen Seiten des Phantasievoll-irrationalen zelebrierte Piranesi mit seinen beklemmenden Visionen düsterer Kerkerräume, den „Carceri“. Canal wiederum führte das Genre der topographischen Vedute und des architektonischen Capriccios zur Blüte, namentlich mit seiner Serie von 30 venezianischen Ansichten, die er in den 1740er Jahren zum Druck brachte. Gleichzeitig transportierte Canals Neffe Bernardo Bellotto das erfolgreiche Konzept radierter Vedutenfolgen aus Venedig nach Dresden und schuf dort seine großformatigen und virtuosen Stadtbilder, die damals wie heute die Vorstellung von der Pracht Dresdens im augusteischen Zeitalter prägten.

Als Gründung des 18. Jahrhunderts besitzt das Dresdener Kabinett eine hervorragende Sammlung italienischer Druckgraphik dieser Ära: Zahlreiche bedeutende Blätter wurden druckfrisch und nicht selten direkt vom Künstler erworben. Die Institution ist auch selbst ein Kind des „ehernen Zeitalters“. Nicht zuletzt der reiche Bestand an Archivalien und die zum Teil schon damals publizierten Forschungsleistungen – Pionierarbeiten auf dem Gebiet der Graphikwissenschaft – machen das Dresdener Kabinett zum idealen Ort, die einflussreiche italienische Druckgraphik und den Kunstmarkt sowie Sammlungsstrategien des kupfernen Jahrhunderts kennenzulernen.

Ergebnisse und Ziele

Bis Oktober 2016 soll die Druckgraphik des 18. Jahrhunderts in der Sammlungsabteilung italienischer Stecher des Kupferstich-Kabinetts vollständig über die Online Collection der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden recherchierbar sein. Weitere zugehörige Bestandsgruppen (Reproduktionsgraphik, illustrierte Bücher) folgen. Im Original sind Werke aus diesem Kontext vom 19. Oktober 2016 bis zum 15. Januar 2017 in der Ausstellung „Begegnungen mit Rom. Druckgraphik des 18. Jahrhunderts“ zu erleben – eine Präsentation, die sich einem besonders reizvollen Kapitel der italienischen Druckgraphik widmet. Mit dem Einblick in den Bestand erschließen sich gleichzeitig neue Facetten der Kontakte zwischen Dresden und Rom durch Künstler, Kunstagenten, Musiker und andere mehr.

Laufzeit

Juni 2015 - Dezember 2017

Projektleitung

Gudula Metze, Konservatorin Kupferstich-Kabinett

ProjektmitarbeiterInnen

Yvonne Wagner

Einblicke

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