Christian Borchert: Fotograf, Archivar, Medienarchäologe
- Projektträger Staatliche Kunstsammlungen Dresden
- Abgeschlossen
Christian Borchert (1942-2000) zählt zu den bedeutenden Fotografen der DDR und der Nachwendezeit. In Dresden geboren und hauptsächlich in Berlin und seiner Heimatstadt tätig, hat er mit seinen distanziert-analytischen Aufnahmen eine ganz eigene Bildsprache hervorgebracht. Vor allem aber nimmt er aufgrund seiner seriellen Arbeits- und Erzählform, seiner eigenwilligen archivarischen Praxis und seines quasi-archäologischen Umgangs mit visuellen Medien wie Film und Fernsehen in der deutschen Fotogeschichte des 20. Jahrhunderts eine herausragende Position ein, die in ihrer ästhetischen Dichte und konzeptuellen Komplexität bislang noch nicht hinreichend gewürdigt worden ist.
Das im Rahmen eines PostDoc-Stipendiums der VolkswagenStiftung zu erarbeitende Forschungs- und Ausstellungsprojekt zielt auf die längst überfällige Sichtung und Neubewertung von Borcherts Gesamtwerk. Basierend auf einer eingehenden Auswertung seines umfangreichen Nachlasses soll der Fotograf in der Ausstellung gleichermaßen als sensibler und genauer Dokumentarist des DDR-Alltags und der Nachwendezeit wie auch als konzeptuell denkender Bild- und Seriengestalter vorgestellt werden. Dass das Archiv im Werkprozess des Fotografen eine entscheidende Rolle gespielt hat, soll durch die installative Präsentation archivarischer Exponate ästhetisch erfahrbar gemacht werden.
Das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden verfügt mit einem Bestand von etwa 1040 Fotografien Borcherts über einen bedeutenden Teil von Borcherts Nachlass – darunter wichtige Werkkomplexe wie die Künstlerporträts (1975/76), der Wiederaufbau der Semperoper (1977-85), die Familienporträts (1983/93) und Tektonik der Erinnerung (1991/92). Ergänzend stehen die Bestände der Berlinischen Galerie als Leihgaben zur Verfügung (Vorabsprache mit Fotokurator Ulrich Domröse). Das in der Deutschen Fotothek Dresden verwahrte fotografische Arbeitsarchiv Borcherts wird mit Kontaktabzügen, Arbeitskopien, Buchprototypen, Karteien und weiterem Material in die Ausstellung einbezogen (Vorabsprache mit Direktor Dr. Jens Bove). Nicht zuletzt soll hiermit auf die aktuelle Debatte über den Objektstatus von Fotografie und die daraus ableitbaren Konsequenzen für eine angemessene museale Arbeitsweise und Präsentationsform reagiert werden.
April 2016 - März 2020